Frage: Bewarb sich Joseph Smith um das Amt des US-Präsidenten wegen Größenwahn?

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Frage: Bewarb sich Joseph Smith um das Amt des US-Präsidenten wegen Größenwahn?

Kritiker behaupten, dass die Entscheidung von Joseph Smith 1844 für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu kandidieren zeige, dass er entweder ein Größenwahnsinniger, der immer mehr Macht anhäufen wollte oder ein Fanatiker mit einer wahnhaften Vorstellung eigener Größe war.

Quellen der Kritik

  • Fawn M. Brodie, No Man Knows My History (New York, Alfred A. Knopf, 1945), 354.
  • Thomas Ford, A History of Illinois from Its Commencement as a State in 1818 to 1847, 2 vols. (1854; reprint, Chicago: Lakeside, 1946), 2:157.
  • Henry Mayhew, History of the Mormons; or, Latter-day Saints. With Memoirs of the Life and Death of Joseph Smith, the "American Mahomet" (Auburn, N.Y.: Derby and Miller, 1852), 163–167.
  • Eduard Meyer, "The Origin and History of the Mormons: With Reflections on the Beginnings of Islam and Christianity," translated by Heinz F. Rahde and Eugene Seaich, 123–25, typescript, BYU Special Collections.
  • Bruce Kinney, Mormonism: The Islam of America (New York: Fleming H. Revell, 1912).
  • I. Woodbridge Riley, The Founder of Mormonism: A Psychological Study of Joseph Smith, Jr. (New York: Dodd, Mead, 1902).
  • T. B. H. Stenhouse, The Rocky Mountain Saints (New York: D. Appleton, 1873), 147.


Die Motive von Joseph Smith

Deckblatt von "The Prophet," eine Zeitschrift von der Kirche in New York 1844 veröffentlicht. Das Thema vertritt die Wahl von Joseph als Präsident der Vereinigten Staaten mit Sidney Rigdon als Vizepräsident. ( Ensign (September 1973): 21.)

Joseph Smith war klar, dass seine politischen Ansichten oder Aktivitäten nicht in den Bereich seines Prophetenamtes gehörten. Er sagte: „Der Herr hat mir keine Offenbarung bezüglich Politik gegeben. Ich habe ihn um keine gebeten.” [1]

Unter den Gründen, weshalb Joseph sich als Kandidat zum Präsidenten aufstellte, waren die folgenden: [2]

  1. Joseph wollte den Heiligen einen Kandidaten zur Verfügung stellen, den sie unterstützen konnten. Statt sich für das „kleinere von zwei Übeln” entscheiden zu müssen oder an der Wahl gar nicht teilzunehmen, bot Joseph sich selbst als Möglichkeit an.
  2. Die Kandidatur von Joseph bedeutete, dass Mormonen weder die Whigs noch die Demokraten unterstützen würden. Das konnte dabei helfen, antimormonische Gefühle in Illinois zu verhüten. Die Partei, die keine Unterstützung der Heiligen bekommen hätte, hätte zusätzliche Gründe gehabt, den Mormonen zu grollen, die zahlreich genug gewesen wären, um im Staat das „Zünglein an der Waage” zu sein.
  3. Joseph hoffte, den Missstand, dass die Heiligen vom Staat Missouri enteignet worden waren, an die Öffentlichkeit zu bringen. Andere Bemühungen um juristischen Schadenersatz waren gescheitert, und so sah Joseph den Wahlkampf als Präsidentschaftskandidat als ein Mittel um Aufmerksamkeit zu erregen, mit der Hoffnung, dass die Gefühle der Öffentlichkeit direkt angesprochen werden könnten. Bevor er sich für seine Kandidatur entschied, fragte Joseph John C. Calhoun, Lewis Cass, Richard M. Johnson, Henry Clay und Martin Van Buren (die führenden fünf Kandidaten), was sie bezüglich der Misstände zwischen den Heiligen und Missouri im Falle eines Wahlsieges tun würden. Zwei antworteten nicht und die anderen Drei würden keine Unterstützung geben. [3]
  4. Joseph wusste, dass eine Präsidentschaftskandidatur Aufmerksamkeit erregen würde. Das erlaubte ihm, seine religiösen und politischen Ideale auf der nationalen Bühne zu predigen.
  5. Joseph trat für eine starke Zentralbank ein. Ohne Zweifel hatte er lebhafte Erinnerungen an die Probleme, die sich daraus ergaben, dass kein zuverlässiges Bankwesen vorhanden war, besonders im Grenzland. Man denke nur an die Probleme mit der Kirtland Safety Society. [4]

Andere Vorteile des Präsidentenwahlkampfes

Es gab viele andere Vorteile, die für die Kirche entstanden:

  • Mitglieder des Kollegiums der Zwölf waren sicher außerhalb der Reichweite des gewalttätigen Pöbels zur Zeit des Märtyrertodes von Joseph und Hyrum. (Wilford Woodruff berichtete, dass ihm Joseph gesagt habe, er [Woodruff] müsse wegfahren, um geschützt zu sein. Einige der zurückkehrenden Zwölf erlitten Angriffe des Pöbels auf ihr Leben, bevor sie Nauvoo erreichten.) [5] Die Besuche der Zwölf bei Mitgliedern, die nicht im Gebiet von Nauvoo lebten, stärkte die Verpflichtung dieser Mitglieder gegenüber der Kirche nach dem Tod von Joseph. Mitglieder haben eventuell den Schluss gezogen, dass der Tod Josephs das Ende der Kirche bedeutete. Da sie die Apostel getroffen und kennengelernt hatten, hatten sie mehr Vertrauen in die neue Führerschaft der Kirche. [6]
  • Der Wahlkampf für Joseph Smith stärkte die Kirche durch Bekehrte. [7] Ein Autor, der die Tagebücher der Wahlkämpfer durchforschte, schrieb:
Die Stimmenwerber taten viel mehr, als für Joseph Smith Wahlkampf zu betrieben. Einer der Zwecke der Kandidatur war, und das wird aus den Tagebüchern der Wahlkämpfer ganz offensichtlich, war es zu missionieren. Nach ihren eigenen Berichten scheint der Wahlkampf im Verhältnis zur Zeit, die sei auf das Predigten verwandten, eher untergeordnet gewesen zu sein.[8] Und beim Tod Josephs kehrten die Reisenden nicht sofort nach Hause zurück. Sie setzten ihre Arbeit fort, und das wäre seltsam, wenn ihre Reise hauptsächlich auf die Wahl von Joseph Smith abgestellt gewesen wäre. [9]
  • Da die Kirche viele reisende Boten hatte, die Joseph Smith und das Evangelium gut kannten, konnte sie abgefallene Bräuche und Lehren in Gebieten weit vom Kirchenhauptquartier in Nauvoo entfernt abschaffen. [10]
  • Durch das Predigen und den Wahlkampf gelang es, eine Menge Vorurteile gegen die Kirche zu beseitigen. [11] Das beeindruckte viele Leute auch in vorteilhafter Weise mitten in einem erbitterten Wahlkampf:
...Die Stimmenwerber haben einen Wahlkampf geführt. Sie hielten politische Versammlungen ab und einige hatten sogar Wahlmänner für ihre jeweiligen Staaten nominiert. Das Wesentliche ihrer Wahlwerbung bestand darin, das Programm des Propheten der Bürgerschaft der Vereinigten Staaten vorzustellen., die davon insgesamt beeindruckt zu sein schien. Auf der anderen Seite hatten die Ältesten Schwierigkeiten im Wahlkampf und stießen manchmal auf ernsthaften Widerstand. [12]
  • Die Stimmenwerber arbeiteten in ihren Heimatstaaten, das gab ihnen die Gelegenheit vielen Familienmitgliedern zu predigen. Einige schlossen sich der Kirche an, während andere zumindest die Vorurteile aufgaben, die sie bisher gegenüber ihrer mormonischen Verwandtschaft gehabt hatten. Das ist bedeutsam, da die Heiligen bald in den Westen ziehen sollten, weit entfernt von diesen Familienbeziehungen. [13]

Die Sache mit George Miller

Einige haben auf die Aussagen von George Miller verwiesen, um darauf zu bestehen, dass Joseph wirklich sich deshalb um die Präsidentschaft bewarb, damit er ein politisches Gottesreich auf Erden errichten könne.

Miller sollte sich später Lyman Wights abgespaltenem „Reich” in Texas anschließen und später noch, 1850, schloss er sich den Gefolgsleuten von Jesse James Strang an, der behauptete, das politische Reich Gottes auf Erden errichtet zu haben. Wie ein Autor bemerkte,

belegt der Kurs, dem George Miller nach dem Tod von Joseph Smith folgte, im Gegensatz zu dem den Brigham Young und die Zwölf folgten, dass Miller wahrscheinlich die Kirche verließ, zumindest teilweise, wegen der Frage des politischen Gottesreiches. Noch überraschender ab ist, dass George Millers Tagebuch nur bis einschließlich 1843 vorhanden ist. Was Historiker als Beweis für Joseph Smiths 'geheime' Absichten zitierten, war nicht von Miller zur Zeit von Josephs Wahlkampf geschrieben worden. Es stand in einem Brief, geschrieben 1855 von Miller aus St. James, Michigan an seinen Bruder, teilweise um die Haltung von Miller und Strang zu rechtfertigen. Miller versuchte zu belegen, dass Joseph das zu tun versucht habe, was er und Strang damals taten. Daher stellte er den Propheten so dar, als ob er versucht hätte, das Reich Gottes mit einem König in den Vereinigten Staaten zu errichten. Es scheint klar, dass Miller mehr seine eigene Haltung rechtfertigte, als das was Joseph zehn Jahre früher zu ihm gesagt hatte objektiv wiederzugeben. [14]

Pech für diese Theorie ist, dass sie die zeitgleichen Bemerkungen Josephs zu seiner Kandidatur, das Verhalten und die Tagebücher jener, die als Wahlkämpfer eingebunden waren, nicht beachten.


Joseph Smith war in seinen politischen Grundsätzen aufrichtig, was im allgemeinen wohl aufgenommen zu sein scheint und gut durchdacht war. Es gibt jedoch wenige Hinweise darauf, dass Joseph erwartete, seinen politischen Wettbewerb zu gewinnen. Joseph hatte reichlich Erfahrung mit Verfolgung und Hass während seiner ganzen Prophetenlaufbahn. Es erscheint unwahrscheinlich, dass er erwartet haben könnte, solche Abneigung zu überwinden und erfolgreich zum Präsidenten gewählt zu werden.

Dennoch gab es andere Ziele, denen sein Präsidentenschaftswahlkampf diente, und die scheinen im Bewusstsein von Joseph Smith und jenen, die er als Wahlkämpfer schickte, sogar schwerer gewogen zu haben. Zentral dabei war die Stärke, die Kirche erwuchs durch die Stärkung weit entfernter Zweige, das Training zukünftiger Führer, Verkünden des Evangeliums und das Ausräumen von Vorurteilen.

Endnoten

  1. Joseph Smith, History of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, 7 volumes, edited by Brigham H. Roberts, (Salt Lake City: Deseret Book, 1957), 5:526
  2. Margaret C. Robertson, "The Campaign and the Kingdom: The Activities of the Electioneers in Joseph Smith's Presidential Campaign," Brigham Young University Studies 39:3 (2000): 148.
  3. Arnold K. Garr, "Joseph Smith: Candidate for President of the United States," in Regional Studies in the Latter-day Saint Church History: Illinois, edited by H. Dean Garret (Provo, Utah: Department of Church History and Doctrine, Brigham Young University, 1995), 152
  4. Garr, "Joseph Smith: Candidate," 158.
  5. Robertson, "Electioneers," 149, 163–164.
  6. Robertson, "Electioneers," 162.
  7. Robertson, "Electioneers," 149.
  8. Robertson, "Electioneers," 152.
  9. Robertson, "Electioneers," 156–158.
  10. Robertson, "Electioneers," 159–161.
  11. Jacob Hamblin, Journals, typescript, Perry Special Collections, 7; cited in Robertson, "Electioneers," 154.
  12. Robertson, "Electioneers," 152.
  13. See discussion in Robertson, "Electioneers," 154–156.
  14. Quoted with discussion in Robertson, "Electioneers," 173, note 60.