Frage: Hat Joseph Smith die Polygamie ins Leben gerufen, weil er einen "unersättlichen sexuellen Appetit" hatte?

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Frage: Hat Joseph Smith die Polygamie ins Leben gerufen, weil er einen "unersättlichen sexuellen Appetit" hatte?

Ist es lächerlich zu argumentieren, er und seine Mitarbeiter seien unehrlich gewesen oder dass sie ihre Religion nur deshalb ausübten, um Macht zu haben und ihre fleischlichen Begierden zu befriedigen

Kritiker behaupten, Joseph Smith (und/oder andere Kirchemitglieder) hätten einen unersättlichen sexuellen Appetit gehabt. Das sei der Grund für die Einführung der Polygamie gewesen, argumentieren sie

Natürlich kann man der Meinung sein, das Joseph nicht recht hatte, aber angesichts der dokumentarischen Beweise ist es lächerlich zu argumentieren, er und seine Mitarbeiter seien unehrlich gewesen oder dass sie ihre Religion nur deshalb ausübten, um Macht zu haben und ihre fleischlichen Begierden zu befriedigen. Jene die darauf bestehen, dass Sex die Antwort sei, offenbaren mehr über ihre eigene begrenzte Sichtweise als über die Geisteshaltung der frühen Heiligen.

Neutrale Beobachter haben schon vor langer Zeit erkannt, dass dies das schwächste Argument von allen ist

George Bernard Shaw, gewiss kein Mormone, erklärte:

Nichts ist müßiger und unseriöser, als anzunehmen, diese Polygamie habe irgend etwas mit persönlicher Zügellosigkeit zu tun. Wenn Joseph Smith den Heiligen der Letzten Tage vorgeschlagen hätte, sie sollten zügellos leben, wären sie über ihn gekommen und hätten wahrscheinlich die Tat ihrer frommen Nachbarn, die ihn dann erschossen haben, vorweg genommen.[1]

Brigham Young passt auf die Erklärung, die Shaw vorschlägt. Als ihm von Joseph aufgetragen wurde, die Mehrehe zu praktizieren, erinnert sich Brigham. „war es das erstemal in meinem Leben, dass ich mich ins Grab wünschte."[2]

John Taylor hatte ähnliche Ansichten:

Ich hatte immer sehr strenge Ansichten bezüglich Tugend und ich hatte das Gefühl, für mich als verheirateten Mann sei das etwas Entsetzliches, das ich tun sollte. Einzig das Wissen über Gott und der Offenbarungen Gottes konnten mich dazu bewegen, solch einen Grundsatz zu akzeptieren. Wir [Die Zwölf] schienen das, was man den bösen Tag nennen könnte, so weit als möglich aufzuschieben.[3]

Joseph kannte diese Männer sehr genau. Er hätte ihre Empfindlichkeiten gekannt. Wenn es nur um Sex gegangen wäre, warum sollte er dann mit ihnen sein Glück aufs Spiel setzen? Warum sollte er von ihnen verlangen, polygame Ehen einzugehen? Es wäre für ihn einfacher gewesen, zu behaupten, diese „Pflicht” käme einzig ihm als dem Propheten zu und er hätte nicht darauf bestehen müssen, dass sie sich beteiligen.

Außerdem ließ Jospeh bei anderen Mitgliedern kein sexuelles Fehlverhalten zu

Zum Beispiel sagte er John C. Bennett ins Gesicht, dass er seine forgesetzte Untreue ablehnt.[4] Hätte Joseph leichten Zugang zu Sex gesucht, wäre Bennett, zusätzlicher Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft und Bürgermeister von Nauvoo, der geeignete Verbündete gewesen. Doch Joseph verurteilte die Handlungsweise von Bennett öffentlich und entfernte ihn aus der Ersten Präsidentschaft und aus der Kirche. Bennett wurde ein lautstarker Kritiker und Gegner der Kirche. All das wäre zu vermeiden gewesen, wenn Joseph ihn als „Komplizen des Verbrechens" genommen hätte. Die Kritiker können nicht argumentieren, Joseph sei der Meinung gewesen, nur er habe das Recht zu polygamen Beziehungen, da er große Anstrengungen unternahm, diese Lehre Hyrum und die Zwölf zu lehren, die sie mit viel weniger Begeisterung aufnahmen, als Bennett es getan hätte. Wenn es nur um Begierde gegangen wäre, warum hat Joseph dann Bennett gedemütigt und zu seinem Feind gemacht, während er die Unterstützung der Zwölf risikierte, indem er darauf bestand, dass sie mitmachten?

Es gab sicher einfachere Wege, seine Libido zu befriedigen, wie ein Autor anmerkte:

Im Gegensatz zur populären Meinung im 19. Jahrhundert gab es den von einem lüsternen Mann mit hyperaktiver Libido beherrschten mormonischen Harem nicht. Das Bild ungezügelter Begierde war weitgehend die Schöpfung von Reisenden nach Salt Lake City, denen es mehr darum ging, ihrem Publikum zu Hause einen Kitzel zu liefern, als die Mehrfachehe richtig darzustellen. Vertreter von Zeitungen und öffentliche Persönlichkeiten besuchten die Stadt in Schwärmen auf der Suche nach Schlagzeilen für ihr Publikum im Osten. die mormonische Mehrfachehe, die der rechtschaffenen und leidenschaftslosen Fortpflanzung der Art gewidmet war, stellte sich als eher eintönige Lebensweise heraus, verglichen mit den von Sensationslust triefenden, phantasievollen Geschichten über Polygamie, nach denen ein skandalhungriger Medienmarkt im Osten verlangte.[5]

Ja, jene, die Mormonen wurden, waren diejenigen, die wohl von ihrem kulturellen Hintergrund her am wenigsten wahrscheinlich durch die Aussicht auf Polygamie zu begeistern waren

Als Polygamie erstmals den Heiligen verkündet wurde, war sie eine anstößige, widerliche Lehre, die schwer zu akzeptieren war....Die Männer und Frauen, die an die Rechtmäßigkeit der Offenbarung glaubten, waren in ihrem kulturellen Hintergrund und in ihren Moralvorstellungen viktorianisch. Die harte Prüfung, Polygamie als von Gott geoffenbarten und verlangten Grundsatz anzunehmen, sonderte aus der Mitgliedschaft der Kirche im Großen eine Grundtruppe von glaubenstreuen Mitgliedern aus, die innerhalb der folgenden Jahrzehnte einem Abraham-Isaak-Test unterzogen wurden, wobei die Bundesregierung als Gottes Beauftragte fungierte.[6]

Vielleicht das beste Argument gegen den Vorwurf der Sexgier zeigt ein Blick auf das Leben der Männer und Frauen, die die Merhfachehe ausübten. Der Historiker B. Carmon Hardy beobachtete:

Joseph zeigte eine erstaunlich feste HIngabe zur Lehre [der Mehrfachehe]. Er musste Widerstand von Seiten seines Bruders Hyrum überwinden und das Zögern einiger seiner Gefolgsleute. Als sie sich Jahre später an die Konflikte und Gefahren erinnerten, die die Mehrfachehe mit sich brachte, waren einige Kirchenführer erstaunt über den Mut, den Jospeh dabei zeigte, auf dieser Lehre zu bestehen. Und wenn man sich an eine ergreifende Begebenheit wie jene zwischen [dem Ratgeber in der Ersten Präsidentschft] William Law und Joseph Anfang 1844 erinnert, fällt es nicht schwer, dem zuzustimmen. Law hatte seinen Arm dem Propheten um den Hals gelegt und bat ihn unter Tränen inständig, er solle die ganze Angelegenheit mit der Mehrfachehe aufgeben. Joseph, der ebenfalls weinte, erwiderte, er könne nicht, Gott habe es geboten und er habe keine Wahl als zu gehorchen.[7]

Man kann Bände von den öffentlichen Schriften der frühen Führer lesen, ihre spontanen Predigten und ihre privaten Tagebücher. Man kann über die hunderte oder tausende Meilen nachdenken, die sie auf Missionsreisen und für Kirchenangelegenheiten zurücklegten. Wenn die Schriften von Joseph Smith, Brigham Young, John Taylor, Wilford Woodruff, Heber C. Kimball, George Q. Cannon und vielen anderen nicht überzeugen können, dass sie ehrenhafte Männer (wenn auch vielleicht fehlgeleitete) waren, dann muss man sich ernsthaft fragen, ob so jemand überhaupt in der Lage ist, Mormonen mit Nächstenliebe zu betrachten.

Paul Petersons Bemerkung über die Tagebüchet von Joseph Smith zeigt das sehr gut:

Gewisse Aspekte der Psyche und Persönlichkeit des Propheten hatte ich nicht voll erfasst. Nach nur wenigen Seiten von Personal Writings [8] wurde klar, dass Joseph religiöse Dimensionen besaß, die ich nicht verstanden hatte. Einmal hatte ich die Tiefe seiner Abhängigkeit von der Gottheit unterschätzt. Der Joseph, der sich in Personal Writings zeigt, ist ein äußerst gläubiger, gottesfürchtiger junger Mann, der manchmal ohne göttliche Unterstützung fast hilflos wirkt. Und seine Ernsthaftigkeit bezüglich seiner prophetischen Berufung ist auch offensichtlich. Wenn auch andere durch seine Behauptungen nicht überzeugt wurden, so kann nicht gesagt werden, dass Joseph nicht überzeugt gewesen wäre, dass Gott ihn sowohl berufen hatte als auch ihn anleitete. Gegner, die behaupten, Joseph habe es immer mehr genossen, den Propheten zu spielen, wären anderer Meinung, wenn sie Personal Writings lesen würden. Gelehrte mögen darüber streiten, wie wahr seine Theologie ist, doch für jeden, der Personal Writings liest, sind seine Ernsthaftigkeit und seine Aufrichtigkeit nicht länger strittige Punkte.[9]

Endnoten

  1. Bernard Shaw, The Future of Political Science in America; an Address by Mr. Bernard Shaw to the Academy of Political Science, at the Metropolitan Opera House, New York, on the 11th. April, 1933 (New York: Dodd, Mead and Company, 1933) as cited in Richard Vetterli, Mormonism, Americanism and Politics (Salt Lake City: Ensign Publishing, 1961), 461–462.
  2. Brigham Young, "Plurality of Wives—The Free Agency of Man," Journal of Discourses, reported by G.D. Watt (14 July 1855), Vol. 3 (London: Latter-day Saint's Book Depot, 1856), 266.
  3. John Taylor, "President John Taylor's Recent Trip To Bear Lake, Selections from his Discourses delivered in the Various Settlements," Journal of Discourses, reported by Geo. F. Gibbs, John Irvine, and others, (1883), Vol. 24 (London: Latter-day Saint's Book Depot, 1884), 232. Link
  4. For an extensive discussion, see Danel W. Bachman, “A Study of the Mormon Practice of Polygamy Before the Death of Joseph Smith,” (1975) (unpublished M.A. thesis, Purdue University).
  5. Richard Van Wagoner, Mormon Polygamy: A History (Salt Lake City: Signature Books, 1986), 89.
  6. Douglas H. Parker, “Victory in Defeat—Polygamy and the Mormon Legal Encounter with the Federal Government,” Cardozo Law Review 12 (1991): 814.
  7. B. Carmon Hardy, Solemn Covenant: The Mormon Polygamous Passage (Urbana and Chicago: University of Illinois Press, 1992), 9; an account of this encounter between Joseph and William can be found in Joseph W. McMurrin, "An Interesting Testimony / Mr. Law’s Testimony," Improvement Era (May 1903), 507–510.
  8. He here refers to Dean C. Jesse’s landmark volume Personal Writings of Joseph Smith (Salt Lake City: Deseret Book Company, 1984).
  9. Paul H. Peterson, “Understanding Joseph: A Review of Published Documentary Sources,” Joseph Smith: The Prophet, the Man, edited by Susan Easton Black and Charles D. Tate, (Salt Lake City: Deseret Book Company, 1988), 109–110.